Progressive Muskelentspannung nach Jacobson
Der Arzt und Physiologe Edmund Jacobson beobachtete in den zwanziger Jahren des 20. Jahrhunderts, dass die Anspannung der Muskulatur häufig mit Unruhe, Angst und psychischer Spannung einher geht. Ein Mensch, der emotional und mental angespannt ist, ist auch körperlich angespannt. Meist kann man einem unruhigen oder ängstlichen Menschen die (Muskel-) Spannung ansehen: Das Gesicht ist gespannt (Sorgenfalten), die Schultern hochgezogen und die Haltung verkrampft.
Die Wechselwirkungen psychischer Befindlichkeiten und muskulärer Spannung bzw. Entspannung machte Jacobson zur Grundlage seines systematischen Trainings, welches die Wahrnehmung an- bzw. entspannter Muskelgruppen beinhaltet.
Durch gezieltes An- und Entspannen verschiedener Muskelgruppen und durch den Lernvorgang, sich auf die begleitenden Gefühle von Spannungen und Entspannungen zu konzentrieren und sie zu unterscheiden, ist ein Abbau fast aller Muskelspannungen möglich. Dadurch kann ein Gefühl tiefer Entspannung erlebt werden. Hierbei tritt ein Effekt auf, der dem eines Pendels ähnelt. Auf ein bewusstes Anspannen eines Muskels tritt nach dem Loslassen eine gegenläufige « Pendelbewegung » ein, die zu dem Gefühl verstärkter Muskelentspannung führt. Für die Verbesserung der Entspannungsfähigkeit ist auch Sensibilisierung für Spannungs- und Entspannungsgefühle von Vorteil.
Zahlreiche Studien weisen eine Wirksamkeit bei Krankheitsbildern nach, bei denen Anspannung oder Angst eine Rolle spielt. Dies gilt insbesondere auch für zahlreiche Schmerzzustände.
Das Ziel ist eine frühzeitige Wahrnehmung von muskulären Spannungszuständen und deren aktive Verminderung. Es soll zu einer Abnahme der sympathischen und eventuell zu einer Steigerung der parasympathischen Aktivitäten des Nervensystems kommen, wodurch Muskeltonus, Herzfrequenz, Atemfrequenz, Blutdruck und Hautleitfähigkeit gesenkt werden, sowie die Durchblutung der Hautgefäße in den Extremitäten gesteigert wird.
Emotional kann es zu angenehm erlebten Zuständen der Ausgeglichenheit und Harmonie kommen; auf der mentalen Ebene wurden Zustände von Ruhe, Konzentration und Erholung beschrieben. Entspannung wird nicht bei allen Individuen gleichermaßen und nicht gleich intensiv auf allen Reaktionsebenen erlebt. Systematisch und schrittweise werden verschiedene Muskelgruppen miteinbezogen; mit zunehmender Übung kommt es zu einem tieferen Entspannungseffekt.
Anwendungsbereiche:
Vor allem therapiebegleitend bei Störungen, die durch übermäßige Anspannungs- und Angstreaktionen gekennzeichnet sind (Angststörungen, Schlafstörungen, Migräne, Spannungskopfschmerz, Bluthochdruck, Schluckbeschwerden, Verspannungen der Muskulatur, gastrointestinale Störungen); Einsatz in der Geburtsvorbereitung; präventiv zur Gesundheitsförderung (Stressbewältigung) und zur Nachsorge und Rehabilitation (Linderung von sekundären Beschwerden, Krankheitsverarbeitung).
Entspannung kann hilfreich sein für:
- Gesundheit und Wohlbefinden
- Emotionale Balance
- Lösung innerer Konflikte
- Kreativität und Entwicklung
- Motivation, Spontanität und Freude im Handeln
„In der Ruhe liegt die Kraft“
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